Der – fast – errungene Sieg der deutschen Luftwaffe über die US-Bomber der 8th USAAF

Verluste und Herausforderungen

Ab Mai 1943 steigen die Verluste der Amerikaner. Es sind nun etwa 600 B-17 F in England. Die deutsche Luftwaffe besitzt Anfang 1943 an allen Fronten zusammen gerade noch 1.360 Jagdflugzeuge, von denen nur 908 einsatzklar sind! Die 8th USAAF leitet eine so genannte „Blitz-Woche“ ein. Das Ergebnis ist ein stolzer Verlust von 128 Vier­motorigen, das entspricht einer Verlustrate von über 20%! Trotz dieses Aderlasses werden noch ehrgeizigere Pläne angesetzt.

Ehrgeizige Pläne trotz Aderlass: Die größte B-17-Streitmacht 1943

b.b 17 f der 94. bg eddie 17 115
Boeing B-17 F „Flying Fortress“ (Fliegende Festung) der 94th Bomb Group/8th USAAF in dem typischen, für viele Amerikaner so ungewohnten nasskalten englischen Wetter …
b.b 17 der 390. bg beim start eddie 17 116
B-17 F – hier aus der 390th Bomb Group – vor einem Einsatz.
„Es wird schon gut gehen! Mein Gott – Du bist auf unserer Seite!“ So oder so ähnlich mag man wohl fühlen an Bord der waffenstarrenden Bomber.

Am 17. August 1943 wird die bis dahin größte B-17-Streitmacht auf den Weg gebracht (insgesamt 376 Boeing B-17-Bomber in zwei Angriffs­formationen), um Schweinfurt und Regensburg zu bombar­dieren. Der erste Verband besteht aus 146 Bombern. Ihr Ziel sind die Messerschmittwerke in Regensburg. Die Deutschen, wohl wissend, dass die Begleitjäger so weit nicht mitfliegen können, warten, bis diese abdrehen.

Dann drehen sie selber zum Angriff ein. Die deutschen Jäger lassen den amerikanischen Besatzungen von nun an keine ruhige Minute mehr. Ganze Reihen von sechs Jagdflugzeugen jagen Tragfläche an Tragfläche aus allen Rohren feuernd durch die Bombergruppen. Andere greifen von vorne an – nach den Worten eines Navigators bilden sie „Schlangen wie bei der Essensausgabe“. Die „Sarg-Ecke“ des Verbandes wird von der 100th BG gebildet. Es ist der am weitesten hinten unten fliegende Pulk. Bald ist die Box aus­einander gerissen, wie Wölfe stürzen sich die Jäger auf die versprengten Maschinen. 90 Minuten benötigen die viermotorigen Bomber von dem Moment, an welchem sie ihren Begleitschutz zurücklassen müssen, bis zum Ziel. Die gesamte Zeit über werden sie gehetzt. Der übel zugerichtete Rest ent­kommt plangemäß über die Alpen zu den alliierten Flugplätzen nach Nordafrika.

Der zweite Angriff auf die Kugellagerfabriken in Schweinfurt hätte fast gleichzeitig stattfinden sollen. Doch plötzlich einsetzender Nebel in England verhindert den Start der Bomber-Gruppen zum vorge­sehenen Zeitpunkt. So sind die deutschen Jäger längst wieder aufgetankt und munitioniert, als die 230 „Fliegenden Festungen“ der zweiten Gruppe über dem Reichsgebiet einfliegen. Und diese Armada fliegt nach dem Angriff nicht nach Süden weiter, sondern muss sich den gesamten Weg über dem Feindesland wieder zurück nach England durchkämpfen. Die deutschen Jäger starten teilweise zum dritten Mal, um die Amerikaner beim Rückflug erneut in Empfang zu nehmen. Erst als die rettenden Thunderbolt-Jäger der Amerikaner über Holland und Belgien ihren schwer angeschlagenen Kamera­den in den Boeing zu Hilfe eilen, lassen die Deutschen von den Bombern ab.

Verluste und Bilanz: Die schweren Kosten des Angriffs

60 der B-17 werden abgeschossen – eine enorme Zahl und eine Verlustrate von 16% ! Weitere vier werden so schwer getroffen, dass sie nicht mehr reparabel sind. Mit ihnen ergeben sich 17% an Ausfällen. Zusätzlich sind 168 der Bomber getroffen, jedoch „erhaltungswürdig“ bei ihrer Rückkehr. Und drei P-47 Jägerpiloten bezahlen ihre „Hilfsbereitschaft“ mit dem Tode – samt Verlust der drei „Thunderbolts“, was sich auf 67 Maschinen summiert. 559 Männer der Bombercrews kommen nicht oder leblos nach England zurück, 21 sind verwundet, eine fürchterliche Bilanz.

Die Deutschen verlieren 38 Jagdflugzeuge und 15 Piloten im Feuer der Bordschüt­zen und der P-47-Eskorte. Weitere 22 Jagdflugzeuge erleiden Beschussschäden, 16 Flugzeugführer fallen vorerst durch Verwundung aus. Es spricht für die Tapferkeit der amerikanischen Bomberbesatzungen, dass die Verwüstungen am Boden trotz des höllischen Spießrutenlaufes beträchtlich sind. Die Ziele werden mit bemerkenswerter Genauigkeit getroffen. Doch die Schäden sind bald repariert. Allerdings werden die Kugellagerreserven zunächst aufgebraucht.

Taktische Raffinesse: Angriff auf die Thunderbolt-Begleitjäger

b.p 47 c in farbe eddie p47c zc
Es geht los! Eine P-47 C „Thunderbolt“ vor einer Boeing B-17 F beim Start.
b.p 47 c little friend vor b 17 verband eddie bor1 099
Eine P-47 C passt auf – zunächst noch. „Little friend“ vor seinen Schützlingen.

Am 6. September 1943 greifen 338 Bomber neben einigen kleineren Nebenzielen erneut ein schwer verteidigtes Objekt an – die idyllisch gelegene süddeutsche Großstadt Stuttgart. Es ist ein Fiasko, eines der schlimmsten, die die amerikanische Luftwaffe je überstehen muss. 45 B-17 kehren nicht zu­rück, zehn weitere sind schrottreif, als sie landen. 335 Männer an Bord der Viermotorigen bezahlen den Angriff mit Gefangenschaft oder – größtenteils – mit ihrem Leben, 27 Verwundete kommen gerade noch einmal davon. Diesem Abwehrerfolg stehen sieben Totalschäden der Luftwaffe gegenüber bei zwei gefallenen und fünf verwundeten deutschen Jagdfliegern. Aus deutscher Sicht ein Sieg.

Am 14. Oktober 1943 ist abermals Schweinfurt das Ziel. Jetzt greifen die deutschen Jäger früher an, attackieren die US „Thunderbolt“-Begleitjäger und zwingen sie dadurch, ihre inzwischen verfügbaren, jedoch noch nicht weit genug reichenden Zusatztanks abzuwerfen – was dann ihre Flugdauer weiter reduziert. Danach ziehen sie sich zurück und warten, bis die Thunderbolts verfrüht abdrehen müssen. Der Aderlass der 320 Bomber beginnt. Als die Schlacht vorüber ist, sind erneut 60 der B-17-Kampfflugzeuge zerstört worden, sieben kehren irreparabel zerschossen zurück. Auch eine P-47 wird abgeschossen, weitere vier sind nach ihrer Rückkehr unbrauchbar. 72 Totalverluste also. Weitere 138 B-17 und zwei P-47 benötigen Reparaturen der erlittenen Schäden. 601 Männer der USAAF sind tot oder vermisst, 40 verwundet. Die Deutschen verlieren 34 ihrer Jagdflugzeuge und 16 gefallene Flugzeugführer. Hinzu kommen 29 beschädigte Maschinen und 13 Verwundete.

Verzweifelte Einsätze: Unerträgliche B-17-Verluste zwingen 8th USAAF zum Umdenken

b.b 17 wird von jäger abgeschosen
Abschuss einer abgedrängten Boeing B-17 durch ein deutsches Jagdflugzeug …
b.b 17 abschuss bild 2 eddie b17attack
b.b 17 abschuss bild 1 eddie dr1 050a
… auch hier wird eine „Fliegende Festung“ getroffen.

B-17-Verluste in dieser Höhe sind unerträglich und würden auf die Dauer die 8th USAAF der völligen Vernichtung preisgeben. Die US-Besatzungen haben das Gefühl, Selbstmordeinsätze zu fliegen. Den Kommandeuren der 8. US-Luftflotte bleibt nichts anderes übrig, als ihre Einsätze bei Tage ins Hinterland des deutschen Reichsgebietes hinein zähneknirschend abzubrechen.

Es scheint, als hätten sich die deutschen Jagdflieger, hätte sich Görings Luftwaffe durchgesetzt und den Kampf um den deutschen Luftraum bei Tage für sich entschieden.

Die Notwendigkeit von amerikanischen Langstreckenbegleitjägern mit einer durch spezielle Konstruktion und verbesserte Zu­satztanks ausreichenden Reichweite bis tief nach Deutschland hinein ist für die Bomberbesatzungen der „Fliegenden Festungen“ im Herbst des Jahres 1943 zu einer verzweifelten Frage des Überlebens geworden.

Ohne eigene US-Jagdflugzeuge, die auf dem gesamten Einsatzflug Schutz gewähren, sind die US-Ambitionen gescheitert. 

Als sie nur Monate später verfügbar sind, ist das Schicksal der deutschen Luftwaffe besiegelt.

a2 schema combat boxes
Schematische Darstellung zweier Combat-Boxen aus je 18 schweren Bombern.
b.b 17 combat boxes eddie dr1 036
Drei Boeing B-17-„Flights“ beim Sammeln zur „Combat Box“. Sie werden später nicht nebeneinander, sondern in der Flughöhe versetzt gestaffelt fliegen.
a2 schema combat box als riss
Ansicht einer „Combat-Box“ von vorne (also nicht in Flugrichtung!). Jede Combat-Box besteht aus drei Sechsergruppen („Flights“), jeder „Flight“ setzt sich aus zwei Dreiergruppen („Elements“) zusammen. 
tabelle boeing b 17 f

Ebenfalls interessant…

1.b 24h 859.bs 492.bg alu und fw 190 a 8 r2 hptm. moritz

Sturmjäger – die Curassiere der Luft

In den Morgenstunden des 7. Juli 1944 starten 756 B-17 „Flying Fortress“-Bom­ber und 373 B-24 „Liberator“ mit starkem Jagd-Begleitschutz (756 alliierte Jäger) zu einem Angriff…

Weiterlesen
bolg wunderwaffen 2wk

Science-Fiction-War – Wunderwaffen im Zweiten Weltkrieg

Die Ingenieure entwickeln vor und während des Zweiten Weltkrieges eine ganze Reihe bemerkenswerter waffentechnologischer Meilensteine. Die Reihenfolge folgender Beispiele (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) folgt der…

Weiterlesen
1.tempest mk.v 486.sgn. und ta 152 h 1 stab jg 301

Focke-Wulf Ta 152 und Hawker Tempest Mk.V. Vielleicht die besten Kolbenmotor-Jagdflugzeuge in Europa im Zweiten Weltkrieg

Das tödliche Vergleichsfliegen der modernsten alliierten und deutschen Kolbenmotorjägerkonstruktion: Als im Herbst 1941 die ersten Focke-Wulf 190 A-1 an der Kanalküste erscheinen, sind sie dem…

Weiterlesen