Der letzte Abschuss des Asses der Asse, Erich Hartmann, erfolgreichster Jagdflieger aller Zeiten
Gefährliche Begegnung in der Luft
Im März 1945 wird ein russischer Bombenangriff auf Prag gemeldet. Hartmann startet mit vier Me 109. Der russische Verband kommt in Sicht. Etwa 30 Sowjet-Bomber des Typs Douglas A-20 „Boston“ und Petlyakov Pe-2, darüber circa 25 russische Yak-9 und P-39 „Airacobra“-Jäger. Hartmann fliegt mit seinem Schwarm in 7.000 Metern Höhe – über dem russischen Verband und mit der Sonne im Rücken. Ideal für einen Überraschungsangriff. Doch eine Eingebung warnt ihn. Da – was ist das? Kondensstreifen, schnell näher kommend. Kurze Zeit später kristallisieren sich silbrige Punkte heraus – amerikanische Mustangs!
Sie fliegen etwa 1.000 Meter tiefer und umkreisen misstrauisch den noch tiefer fliegenden russischen Verband. Weder die Russen noch die Amerikaner achten auf die vier schwarzen Punkte in der Sonne. Jetzt! Hartmann leitet den Angriff ein. Die erste Mustang stürzt getroffen brennend ab, unmittelbar danach gefolgt von einer zumindest schwer beschädigten zweiten. Die Amerikaner hatten Hartmann nicht einmal gesehen. Auch einer seiner Kameraden hatte eine Mustang erwischt. Hartmann jagt im Sturzflug durch den russischen Verband und beschädigt einen der Sowjetbomber, eine von den Amerikanern an die Russen gelieferte Douglas A-20 „Boston“. Dann rasen die Me 109 im Tiefflug davon. Hartmann dreht sich um. Es sind alle Me 109 da.
Doch was ist denn das? Die amerikanischen Mustangs fallen über die Russen her! Drei Yak-9 stürzen ab, eine Mustang ist getroffen und zieht einen Glykol-Schweif hinter sich her. Hartmann lacht lauthals! Einer gewissen diebischen Schadenfreude kann er sich nicht erwehren. Viel Vertrauen haben die offenbar nicht zueinander, diese „Verbündeten“ mit dem roten und dem weißen Stern am Rumpf!
8. Mai 1945: letzte Stunden im Luftkampf
Am 8. Mai 1945 ist ihm inzwischen das Lachen endgültig vergangen. Das Kriegsende ist nah, es sind nur noch Stunden – es ist vorbei. Der russische Yak-9-Pilot mit seinem übermütigen Looping über Brünn (heute Brno) fliegt Erich Hartmann direkt vor die Rohre. 352 Abschüsse sind es mit ihm – einer mehr oder weniger – was nützt es noch? Es ist ein stiller Triumph. Als Hartmann mit seinem Rottenflieger wendet, hat keiner der Kameraden des unglücklichen Russen ihn gesehen. Es war alles so schnell gegangen. Auch die Piloten der von Hartmann rechtzeitig entdeckten amerikanischen Mustangs, die soeben über Brünn eintreffen, haben die beiden dunkelgrün gefleckten Me 109 nicht bemerkt.
Sie wundern sich nur, als die russischen Waffenbrüder in ihren Yak-9 plötzlich unvermittelt zum Angriff eindrehen …
8. Mai 1945
Es gibt nach Kenntnis des Verfassers nur ein Foto, welches Aufschluss gibt über die letzte von Erich Hartmann geflogene Me 109 – zumindest über diejenige Messerschmitt, welche Hartmann zum Zeitpunkt seines 350. Luftsieges geflogen hat, am 17. April 1945 (und somit wohl auch am 8. Mai 1945). Die unten abgebildete Fotografie zeigt ihn am 17. April vor seiner Maschine. Das Bild zeigt zwar nur einen Ausschnitt, dieser ist allerdings aufschlussreich. Denn:
- offensichtlich handelt es sich um eine Me 109 mit strömungsgünstig umkonstruierter Motorhaube, d.h. ohne die „Beule“ der Version G-6 und der frühen G-14-Typen. Die „beulenlosen“ bei Kriegsende geflogenen Me 109-Varianten G-10, G-14 oder K-4 hatten jedoch alle einen halbkreisförmigen Übergang der Motorhaube in den Seitenrumpf kurz vor dem Cockpit. Mit einer Ausnahme! Die Konstrukteure der Firma Erla in Leipzig konstruierten die linke (Backbord-) Seite des Flugzeuges komplett um, sodass sich eine leichte Asymmetrie zwischen den beiden Rumpfhälften ergab. Auf der linken Seite ging die Motorhaube praktisch übergangslos – mit einer vertikalen Nut – in den Seitenrumpf über so, wie dies auf dem Foto Erich Hartmanns erkennbar ist. Dies beweist den Typ der Messerschmitt Bf 109 und den Hersteller: es ist eine von Erla Leipzig produzierte Me 109 G-10.
- Erla Leipzig produzierte nie die Messerschmitt Bf 109 K-4. Ende Januar 1945 erhält die I./JG 52 einige Messerschmitt Bf 109 G-10 (meist/R6) der Erla-Werke mit der Werknummer 490??? bis 491???. Offenbar hat sich Hartmann eine solche Maschine herausgesucht. Eine Me 109 G-10/R6 mit der Werknummer 491460 wird auf dem Flugplatz Deutsch Brod zerstört aufgefunden – vom eigenen Piloten unbrauchbar gemacht wie alle flugfähigen Maschinen vor dem Abzug der Deutschen. Sie zeigt allerdings keine Hinweise auf ihren Besitzer.
Folgende besonderen Merkmale kennzeichnen die Messerschmitt Bf 109 G-10 der Leipziger Erla-Werke:
- eine senkrechte Nut am wulstlosen Übergang zwischen Motorhaube und linker Rumpfseite.
- eine verbreiterte Unterseite der Motorhaube zur Aufnahme des Daimler-Benz-Motors DB 605D.
- ein vergrößertes Heckleitwerk, vergrößertes und längeres Spornrad, eine modifizierte Heizung.
- ab Januar 1945 größere Reifen am Fahrwerk, was die Übernahme der großflächigen (für die Me 109 K-4 typischen) breiten stromlinienförmigen Ausbuchtungen an der Tragflächenoberseite bedingte.
- eine ovale Öffnung etwas hinter und unter der MW-50-Einfüllöffnung an der rechten oberen Rumpfseite hinter dem Cockpit. Ursprünglich für das GM-1-System der früheren Me 109 G-5 und G-6 vorgesehen, war diese Öffnung bei der G-10 überflüssig. Offenbar hatte man die Produktionszeichnungen bei Erla aber nicht korrigiert – im Gegensatz beispielsweise zu den bei WNF hergestellten Messerschmitt Bf 109 G-10, welche diese Öffnung nicht mehr besitzen. Erla hielt eine Umkonstruktion möglicherweise für überflüssig.
- Kleinere Balkenkreuze – alle im nur angedeuteten Stil mit abgewinkelten Linien, auch unüblicherweise an den Tragflächen-Unterseiten. An den Rumpfseiten sind die weißen Linien des Balkenkreuzes bisweilen mit dunkler Tarnfarbe ausgefüllt, jedoch nicht mit schwarzer Farbe. An den Tragflächenoberseiten ist das weiß linierte angedeutete Balkenkreuz ebenfalls kleiner und weiter außen angebracht als üblich.
- Das Hakenkreuz auf dem Seitenleitwerk ist nicht schwarz, sondern lediglich weiß umrandet dargestellt.
Nachfolgendes Profil ist auf der Basis des oben gezeigten Fotos und der genannten Details rekonstruiert. Da kein Originalfoto der in Deutsch Brod zerstört aufgefundenen Me 109 des JG 52 irgendwelche gelben Rumpfbänder oder Motorhaubenunterseiten zeigt, sind diese nach Ansicht des Verfassers im Gegensatz zu anderen Profilen von Hartmanns letzter Me 109 nicht plausibel. Inzwischen wurde auf die früher für „Ostfront“ stehende Kennzeichnung augenscheinlich verzichtet. Ebenso ist davon auszugehen, dass der Rüstsatz „R6“ im Felde ausgebaut wurde.
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